"Es war natürlich ein Traum, es in die Weltspitze zu schaffen"

06.04.2022 –  thorsten eisenhofer

Lena Brunkhorst (Blau-Weiss BARRACUDA Lohne) mischt im Alter von 37 Jahren in der 2. Liga Nord noch ganz vorne mit. Im Interview spricht die dreifache Mutter über ihren Traum von einem Einzelsieg in der 2. Liga und dem ad acta gelegten Traum einer Olympia-Teilnahme.

Lena Brunkhorst

Lena, um mit Dir über Triathlon zu reden, muss man die Uhr über ein Jahrzehnt zurückdrehen. Damals hast du unter anderem ein Europacuprennen gewonnen und bist im Weltcup gestartet. Warst du auf dem Weg in die Weltspitze?

Ich habe damals Medizin studiert. Der Spagat zwischen Spitzensport und Studium war eine Herausforderung und für mich nur schwer zu stemmen. Ich hatte immer den Druck, bestimmte Prüfungen in bestimmten Zeiträumen abzulegen. Im Winter war ich mehr Studentin, im Sommer mehr Triathletin. Als ich dann mit dem Praktischen Jahr begonnen habe, habe ich gemerkt: ich habe keine Chance mehr, in beiden Bereichen spitze zu sein.

Es war natürlich ein Traum, es in die Weltspitze zu schaffen. Klar wollte ich zu Olympia. Aber ich muss auch ehrlich zugeben: Selbst wenn ich mich voll auf den Sport fokussiert hätte, weiß ich nicht, ob ich es hinbekommen hätte.

Wie hast du die Zeit wahrgenommen?

Das Leben als Leistungssportlerin habe ich sehr genossen und auch sehr gut hinbekommen, zumindest so lange es eher noch halb-professionell war. Ich habe allerdings in Hannover alleine trainiert und natürlich gemerkt, dass es nicht so einfach ist.

Im Schwimmen hätte ich einen Techniktrainer gebraucht und generell auch ein besseres Unterstützungspaket. Nicht jeder und jede in meinem Umfeld stand voll hinter meinem Traum Sportlerinnenkarriere.

Trauerst du der verpassten Chance nach?

Manchmal schon. Es war schon eine geile Zeit, durch die Welt zu reisen und Wettkämpfe zu absolvieren. Fast alle deutschen Athletinnen, mit denen ich damals unterwegs war, haben es in die Weltspitze geschafft. Vielleicht hätte ich es auch geschafft?

Du hast dich dann für die Medizin und den Beruf entschieden, mit Triathlon aber nie komplett aufgehört.

Ich habe nie so intensiv trainiert, dass ich den Sport leid war. Ich hatte und habe immer noch Spaß am Triathlon und bin froh, dass ich den Sport mit 37 Jahren noch auf diesem Niveau machen kann. Ich hatte aber Phasen, etwa in meinem Praktischen Jahr oder um die Geburten meiner drei Kinder herum, in denen ich wenig oder gar nichts gemacht habe.

Nach der Geburt meines ersten Kindes bin ich dann einfach in der Zweiten Liga anstatt in der Ersten Liga gestartet. Es hat allerdings eine Zeit gebraucht, um zu akzeptieren, dass ich nicht mehr die Leistung wie gewohnt abrufen kann.

Dein Mann ist ebenfalls noch aktiver Triathlet. Wie bekommt ihr das mit drei Kindern hin?

Man muss sehr konsequent sein, was das Durchziehen der Einheiten betrifft und morgens vor dem Arbeiten oder abends, wenn die Kinder schlafen, sein Training absolvieren. So geht keine Zeit für die Familie verloren.

Wenn es beide Partner zusammen machen, dann ist es auch eine schöne Sache für die Beziehung und nimmt der Partnerschaft keine Zeit weg.

Morgens früh oder abends spät heißt dann aber auch: Trainieren statt zu schlafen.

Das stimmt. Wobei ich auch sagen muss: In Hauptbelastungswochen trainiere ich zehn, elf Stunden, ansonsten etwa die Hälfte. Schwimmen gehe ich – zumindest im Winter – nur einmal die Woche. Da lebe ich von den Grundlagen und der Erfahrung. Für Sprintdistanzen funktioniert das (lacht).

Was treibt dich noch an?

Der Spaß am Sport und das In-der-Natur-sein. Außerdem bekommt man für nichts im Leben so einfach Bestätigung wie für seine Leistung im Sport. Du trainierst, absolvierst einen Wettkampf und die Zuschauerinnen und Zuschauer beklatschen dich dafür.

In der 2. Liga reicht es weiterhin für Top-Platzierungen.

Ich wundere mich manchmal selbst darüber (lacht). Ich denke immer, die anderen Athletinnen sehen alle so fit aus.

Wer in der 2. Liga vorne dabei ist, ist im Regelfall auch in der 1. Liga nicht ganz hinten.

Das mag sein. Aber Mittelfeld – oder wohl eher hinteres Mittelfeld – ist nicht das, was ich möchte. Wenn ich in einem Wettkampf starte, dann möchte ich vorne dabei sein und das maximal Mögliche herausholen. Platz elf, zwölf oder 13 ist nicht schlecht, aber nicht mein Anspruch.

Und selbst wenn ich in der 1. Liga starten wollte – ich würde es zeitlich mit drei Kindern und den Wochenenddiensten (Lena und ihr Mann arbeiten beide im medizinischen Bereich, Anm. d. Red.) nicht hinbekommen. Da kann ich nicht noch quer durch Deutschland reisen.

Welche Ziele hast du noch?

Ich würde gerne bei der 70.3.-WM eine Podiumsplatzierung in meiner Altersklasse schaffen und ein 2.-Liga-Rennen gewinnen.