Felix Nadeborn: "Hatte bis dahin nie große Fragezeichen in meinem Leben"

28.05.2020 –  Thorsten Eisenhofer

Felix Nadeborn studiert in den USA und startet in der 1.Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga für das Team Berlin. Im Interview hat eruns erzählt, warum er sich in der Bundesliga immer weit…

Die Finals - Berlin City Triathlon 2019

Felix Nadeborn studiert in den USA und startet in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga für das Team Berlin. Im Interview hat er uns erzählt, warum er sich in der Bundesliga immer weit vorne oder weit hinten platziert, wie es ist, in den USA zu leben und zu trainieren und was es mit den großen Fragezeichen in seinem Leben auf sich hat.

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Felix, du hattest 2019 zwei richtig gute Bundesligarennen – und zwei weniger gute. Die Saison 2019 war wohl eine Berg- und Talfahrt für dich.

Ich habe, seit ich ein Leichtathletik-Stipendium an einer Universität in den USA habe, den Schwerpunkt auf das Laufen gelegt. Entsprechend trainiere ich weniger Schwimmen und tue mir im Wasser schwerer. Mein Ergebnis hängt nun sehr davon ab, welche Radgruppe ich noch bekomme.

Im Kraichgau und in Tübingen, als du die Ränge 18 beziehungsweise 24 belegt hast, lief es gut.

Ja genau. Da hatte ich dann nach dem Radfahren eine gute Ausgangsposition und konnte meine Laufstärke ausspielen.

Ein Laufstipendium heißt, sich aufs Laufen zu konzentrieren.

Ja, ins Wasser gehe ich nur noch ab und zu. Das Schwimmen wird um meine anderen Termine herum geplant. Ich muss schauen, wann ich dafür Zeit habe. Die Aufgabe ist also, aus möglichst wenig möglichst viel zu machen.

Wie ist die Entscheidung gefallen, ein Laufstipendium anzunehmen?

Ich wusste nach dem Abitur auf einer Sportschule in Berlin nicht so genau, was ich machen will. Einige meiner Mitschüler sind in die USA gegangen und ich habe diese Möglichkeit dann ebenfalls in Betracht gezogen. Ein Triathlon-Stipendium ist in den USA nur für Frauen möglich, so habe ich mich mit Hilfe von Scholarbook nach einem Leichtathletik-Stipendium umgeschaut.

Und eines bekommen.

Ich habe den Schritt nicht bereut. Es ist eine tolle Erfahrung. Ich trainiere in einem professionellen Umfeld und lerne Leute von überall auf der Welt kennen.

Hast du dich menschlich dadurch entwickelt?

Würde ich schon sagen. Ich habe bis zum Abitur zu Hause gelebt und Sport gemacht. Ich hatte – zumindest außerhalb des Sports – bis dahin nie große Fragezeichen in meinem Leben. Ich bin jetzt zwar nicht an das Ende der Welt gegangen, aber trotzdem weit weg. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Da war schon eine große Ungewissheit. Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich gut damit klargekommen bin.

Wie schwer war es am Anfang als Triathlet unter den Läufern?

Ich bin jetzt schon im dritten Studienjahr. Am Anfang waren die Laufumfänge für mich als Triathleten sehr hoch. Die konnte ich gar nicht trainieren und hatte deshalb noch die Möglichkeit, viel Zeit fürs Radfahren und Schwimmen zu nutzen. Aber nach und nach haben die Trainer meine Umfänge im Laufen gesteigert.

Siehst du dich derzeit eher als Läufer oder als Triathlet?

Gute Frage. Ich denke, ich bin irgendwo dazwischen. Ich will weder das Laufen aufgeben. Noch den Triathlon. Ich möchte so lange wie möglich zweigleisig fahren.

Mit welchen Zielen?

Ich habe mich damit abgefunden, dass ich keine professionelle Karriere anstreben kann. Ich starte gerne bei Wettkämpfen. Es macht mir unglaublich viel Spaß, mich mit anderen zu messen. Und ich würde gerne in Zukunft weitere Top-20-Platzierungen in der Bundesliga erreichen.

Du hast gesagt, dass du dich damit abgefunden hast, dass es mit einer professionellen Karriere nichts wird. War das ein konkretes Ziel von dir?

Nein, es war als Jugendlicher eher ein Traum, der irgendwo im Hinterkopf rumgeschwirrt ist. Aber je älter man wird, desto realistischer blickt man auf das Ganze. Und je kürzer die Zeit ist, sich noch entwickeln zu können, desto unrealistischer wird es. Zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr kann viel passieren und man kann noch große Sprünge machen. Mit 22 Jahren ist das jetzt kein realistisches Szenario mehr.

Ist es schwer, sich damit abzufinden?

Nicht unbedingt. Über die Zeit habe ich noch andere Interessen entwickelt und andere Möglichkeiten kennengelernt. Ich weine dem nicht nach, es war jetzt ja auch nicht mega knapp. Ich habe ja nie Profiluft geschnuppert.

Du bist mit Berlin vor zwei Jahen in die 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga aufgestiegen, hast aber ein paar Jahre zuvor schon mal Rennen in der Bundesliga absolviert, unter anderem 2014 eines für den TuS Neukölln. Welche Erinnerungen hast du an deine ersten Bundesligawettkämpfe?

Ich bin damals relativ kurzfristig angerufen worden, ob ich für das Rennen im Kraichgau einspringen könne. Ich hatte dadurch nicht viel Zeit, um richtig aufgeregt zu sein. Ich habe damals gesagt bekommen, dass man keine großen Erwartungen an mich hat und ich locker rangehen soll. Ich kam dann auch nicht ganz hinten an, was für mich ein Erfolg war (Nadeborn belegte Rang 67, Anm. d. Red.).

Wie hast du das Rennen wahrgenommen?

Ich war überwältigt von der Bundesliga. Was für Namen da am Start waren. Da waren Athleten dabei, die ansonsten in der World Triathlon Series gestartet sind und die ich aus dem Fernsehen kannte. Das waren Vorbilder.

Wie waren nun die Rennen 2019 für dich im Vergleich zu damals?

Ich war damals 17 Jahre alt, war leistungsmäßig beim Laufen nicht da, wo ich jetzt bin. Ich habe mich noch viel mehr auf die Konkurrenz konzentriert. Wenn ich es damals in die große Gruppe geschafft hatte, war klar, ich werde nichts reißen und irgendwo zwischen Rang 40 und 65 ins Ziel kommen – je nach Tagesform. Das hat sich jetzt total gedreht. Wenn ich jetzt die Gruppe erreiche, weiß ich, dass ich weit vorne reinlaufen kann.

Deine Möglichkeiten haben sich also erweitert.

Ja, aber auch das Risiko, dass ich die Gruppe aufgrund der schwächeren Schwimmperformance nicht erreiche und alleine hinterherfahre. Und das macht natürlich keinen Spaß. Die Bundesliga ist da total ehrlich. Da wartet keiner auf einen.